Inhalt
1. Einleitung
Der Arbeitsspeicher – üblicherweise als RAM (Random Access Memory) bezeichnet – ist ein essenzieller Baustein moderner Computersysteme. Er fungiert als temporäres Lager, in dem Betriebssysteme, Programme und aktuell benötigte Daten „bereitliegen“ können, damit sie vom Prozessor (CPU) möglichst schnell verarbeitet werden. Gerade im Zeitalter immer größerer und komplexerer Software gilt: Je höher die Leistung und Kapazität des Arbeitsspeichers, desto weniger Wartezeiten und „Flaschenhälse“ entstehen beim täglichen Arbeiten mit dem Computer.

Im Laufe der letzten Jahre haben sich verschiedene RAM-Standards durchgesetzt, die jeweils eine Weiterentwicklung der sogenannten DDR-Technologie (Double Data Rate) repräsentieren. Nach DDR, DDR2, DDR3 und DDR4 steht nun DDR5 im Fokus – und soll laut Herstellerangaben und Expertenmeinungen erneut deutliche Fortschritte bei Datendurchsatz, Energieeffizienz und Speicherkapazität bringen. Doch gleichzeitig ist DDR4 alles andere als „veraltet“: Viele Rechner, die heute neu gekauft werden, nutzen immer noch DDR4, weil die dazugehörigen Plattformen günstiger oder ausgereift sind und DDR5 noch einen gewissen „Early-Adopter-Aufschlag“ mit sich bringt.
Warum es aber dennoch DDR5 gibt, was konkret der Unterschied zwischen DDR4 und DDR5 ist und wann der Umstieg sinnvoll sein kann, klärt dieser Artikel ausführlich. Das Ziel ist ein tiefgehender Einblick in technische Hintergründe, Leistungsdaten in der Praxis, Fragen zur Kompatibilität, Kosten-Nutzen-Abwägungen und einen Ausblick, wohin die Reise bei RAM-Standards in den kommenden Jahren gehen könnte.
2. Historischer Kontext und grundlegende Architektur
2.1 Von DDR1 bis DDR4: Eine kurze Zeitreise
Die DDR-Technologie hat ihre Wurzeln darin, dass pro Taktzyklus zweimal Daten übertragen werden (Double Data Rate), nämlich auf der steigenden und fallenden Flanke des Taktsignals. DDR1 startete Anfang der 2000er-Jahre und bot Taktfrequenzen von 200 bis 400 MHz, während sein Vorgänger SDRAM (Single Data Rate) pro Takt nur einmal übertrug. DDR2 und DDR3 erhöhten die Taktraten Schritt für Schritt, senkten die Spannung und verbesserten die interne Organisation.
DDR4 wurde dann ab etwa 2014/2015 zum Mainstream. Im Vergleich zu DDR3 stieg die Basisfrequenz (2133 bis 3200 MT/s offiziell) und die Spannung wurde auf 1,2 V reduziert (statt 1,5 V). Außerdem führte DDR4 mehr „Bank Groups“ ein, was bei parallelen Speicherzugriffen Vorteile bringen kann. Damit war DDR4 lange Zeit das technologische Rückgrat moderner PCs und Server.
2.2 Wieso DDR5? Die Treiber hinter der Weiterentwicklung
Während DDR4 für mehrere Jahre ausreichte, um aktuelle Prozessoren ordentlich mit Daten zu versorgen, sehen sich Hersteller wie Intel und AMD zunehmend mit Anforderungen konfrontiert, die höhere Kernzahlen, stärkere GPU-Integration oder neue Workloads (KI, 3D-Rendering, Virtualisierung) mit sich bringen. Je mehr Kerne oder Threads ein Prozessor besitzt, desto größer ist das Potenzial, gleichzeitig auf verschiedene Speicherbereiche zuzugreifen – und desto eher kann schneller, paralleler RAM seine Stärken ausspielen.
DDR5 wurde entwickelt, um diese nächste Stufe der Anforderung zu meistern: höhere Frequenzen, mehr Bandbreite, erhöhte mögliche Modulkapazitäten sowie zusätzliche Feinjustierungen bei der Architektur (z. B. Power Management am Modul statt auf dem Mainboard).
2.3 Grundlegende Neuerungen in DDR5
- Erhöhter Basistakt: Während DDR4 bei 2133–3200 MT/s liegt, startet DDR5 bei 4800 MT/s und kann weit höher gehen.
- Dual 32-Bit Subchannels pro Modul: Anstelle eines einzelnen 64-Bit-Datenkanals teilt sich DDR5 in zwei 32-Bit-Subchannels, was die „Effektivität“ bei Teillast-Szenarien verbessert und den Controller entlastet.
- On-Module Power Management: Ein Power Management IC (PMIC) auf dem RAM-Modul selbst erlaubt feinere Spannungssteuerung. Das Board selbst hat weniger Einfluss auf die Spannung – was theoretisch Stabilität verbessern könnte.
- Höhere mögliche Kapazitäten: DDR5-Module sollen perspektivisch größere Einzelkapazitäten erlauben (z. B. 64 GB pro Modul oder mehr).
Mit diesen Kernelementen erhofft man sich eine effizientere und zukunftsfähigere RAM-Plattform, die für mehrere CPU-Generationen gerüstet ist.
3. Leistungsdaten und praktische Unterschiede
3.1 Taktfrequenzen und Bandbreite in Zahlen
- DDR4: Offiziell definiert bis 3200 MT/s (DDR4-3200). In der Praxis existieren Overclocking-Kits mit 3600, 4000 oder sogar 4500+ MT/s, allerdings abseits des JEDEC-Standards.
- DDR5: Beginnt nominell bei 4800 MT/s (DDR5-4800) und geht – je nach Hersteller und Overclocking-Profil – in Bereiche von 6000, 6400 oder gar 7000+ MT/s.
Da die Bandbreite direkt vom Takt abhängt, resultiert daraus ein deutliches Plus bei DDR5. Beispielsweise kann ein DDR4-3200-Kanal ~25,6 GB/s liefern, wohingegen ein DDR5-6400-Kanal schon ~51,2 GB/s bringt. In vielen Anwendungen, die große Datenmengen verschieben (etwa bei Rendering, KI oder Video-Encoding), kann dieses Bandbreitenplus spürbar sein. Allerdings muss die CPU-Architektur auch in der Lage sein, davon zu profitieren.
3.2 Latenz: CL-Werte, Timings und deren Bedeutung
RAM wird oft über Timings wie CL (CAS Latency), tRCD, tRP und tRAS charakterisiert. Diese Werte geben an, wie viele Taktzyklen zwischen verschiedenen Speicherbefehlen vergehen. Je höher der Takt, desto mehr kann ein nominales CL abmildern (also eine höhere Zahl kann bei höherem Takt in Nanosekunden betrachtet ähnlich sein wie eine niedrigere Zahl bei niedrigerem Takt).
- DDR4-Kits bei 3200 MT/s arbeiten oft mit CL16 oder CL18.
- DDR5-Kits bei 4800 oder 5200 MT/s haben anfangs CL36 oder CL40. Das klingt hoch, relativiert sich jedoch durch die höhere Frequenz.
In frühen Tests wirkte DDR5 teilweise nicht massiv schneller, weil man CL40 bei 4800 MT/s vs. DDR4-3600 CL16 vergleichen musste. Im Laufe der Zeit erscheinen optimierte DDR5-Kits mit besseren Timings, und Mainboards lernen, diese Taktungen sauber zu handhaben. Somit kann DDR5 in Zukunft – wenn Latenzen sinken – seine Performance noch besser ausspielen.
3.3 Energieeffizienz und Spannung
DDR4 arbeitet meist bei 1,2 V (Standard), DDR5 bei 1,1 V. Dieser Unterschied kann helfen, die Stromaufnahme pro übertragenem Bit zu senken. Allerdings lassen Overclocking-Module (z. B. DDR5-6400 CL32) die Spannung auf 1,25–1,35 V hochschnellen, was die Effizienz teilweise relativiert.
PMIC auf dem Modul bedeutet, dass das Mainboard an das Modul weitgehend standardisierte Spannungen liefert und das Modul selbst Feinjustierungen vornimmt. Einerseits kann das die Stabilität erhöhen, andererseits erzeugt der PMIC leichte zusätzliche Abwärme direkt auf dem RAM-Riegel, was teils zu Wärmestau führen kann. Deshalb sieht man bei vielen DDR5-Riegeln recht massive Heatspreader.
- Spiele: Bei GPU-limitierten Szenen (4K, High-End-Grafikkarte) kann der RAM-Faktor gering ausfallen. In CPU-lastigen Situationen (z. B. eSports, hohe FPS, niedrige Auflösung) kann DDR5 ein paar Prozentpunkte mehr Bilder pro Sekunde liefern.
- Produktivsoftware: Programme wie Adobe Premiere, DaVinci Resolve, Blender oder 3D-CAD-Anwendungen profitieren spürbar, wenn sie in hohem Maße auf das Auslagern von Daten in den RAM setzen. Hier kann DDR5 mit 20–40 % mehr Bandbreite teils einige Prozent an Gesamt-Performance gewinnen. Bei sehr großen Projekten oder parallelen Workflows fällt das mehr ins Gewicht.
- Multitasking und Virtualisierung: Wer viele VMs gleichzeitig betreibt und dem RAM große Datenmengen anvertraut, kann von höheren Frequenzen profitieren, zumal DDR5 teils auch höhere Speicherkapazitäten pro Modul bietet.
In Summe hängt der reale Vorteil also stark davon ab, wie sehr ein Szenario speicherbandbreiten-limitiert ist. Für Standard-Office oder Browsing wird man den Sprung von DDR4 auf DDR5 weniger deutlich wahrnehmen als in professionellen Rendering- oder High-FPS-Gaming-Situationen.
4. Kompatibilität, Mainboards und Praxisfragen
4.1 Slots und Formfaktoren
DDR4-Module und DDR5-Module sind jeweils 288-Pin-DIMMs, dennoch ist die Kerbe an anderer Stelle, sodass kein Verwechseln möglich ist. Die Kontaktbelegung ist gänzlich anders. Ein Board mit DDR4-Slots kann ausschließlich DDR4 aufnehmen. Ein reines DDR5-Board nimmt nur DDR5 auf. Es gibt keine Misch-Boards, die beides gleichzeitig in denselben Slots unterstützen; es existieren jedoch vereinzelt Modellreihen (z. B. Intel Z690) in zwei verschiedenen Varianten (eine mit DDR4, eine mit DDR5), aber eben nicht gemischt.
4.2 Unterstützende CPU-Generationen
- Intel: Mit der 12. Generation (Alder Lake) begann der DDR5-Support. Die 13. Generation (Raptor Lake) unterstützt DDR5 ebenfalls. Manche Boards (z. B. Z690) können wahlweise DDR4- oder DDR5-Slots haben.
- AMD: Ryzen 7000 (AM5) setzt konsequent auf DDR5. Ältere Ryzen-Modelle (AM4) nutzen DDR4. Eine gemischte Nutzung ist nicht vorgesehen.
Wer also ein neues System baut und z. B. AMD Ryzen 7000 einsetzt, muss DDR5 verwenden. Wer Intel Alder Lake kauft, kann sich für ein DDR4- oder DDR5-Board entscheiden (entsprechend sind dann die Riegel zu wählen). Damit ist es kein direktes „Austausch“-Upgrade wie bei einer SSD, sondern ein Plattformwechsel.
4.3 Overclocking und Profile (XMP, EXPO)
Wie bei DDR4 gibt es auch für DDR5 sogenannte XMP-Profile (Intel) bzw. EXPO-Profile (AMD), die vom RAM-Hersteller im SPD hinterlegt werden. Aktiviert man das entsprechende Profil im BIOS/UEFI, versucht das System, den RAM mit den angegebenen Frequenzen und Timings zu betreiben. Dies kann die Standard-JEDEC-Spezifikation (z. B. 4800 MT/s) deutlich übersteigen – etwa auf 6000 oder 6400 MT/s.
Anfänglich klagten manche User über Instabilitäten, weil Mainboard-BIOS, CPU-Memory-Controller und die DDR5-Kits selbst noch nicht perfekt harmonierten. Inzwischen sind viele Kinderkrankheiten beseitigt, und man kann DDR5-Overclocking relativ komfortabel durchführen, sofern man die Spannungen (RAM-Voltage, VDDQ, etc.) und Timings anpasst.
4.4 Praxis im Alltag
Wer sich für DDR5 entscheidet, sollte bedenken, dass:
- Ein DDR5-taugliches Mainboard tendenziell teurer sein kann als ein DDR4-Pendant.
- DDR5-Module aktuell (Stand der frühen Entwicklungsphase) oft mehr kosten pro GB als DDR4.
- Das volle Potenzial vor allem bei hohen Taktraten und entsprechenden CPUs sichtbar wird, womit auch eine Premium-Komponente (z. B. Intel Core i7/i9 oder AMD Ryzen 7/9) sinnvoll ist.
Wer hingegen mit einem kleinen Budget einen soliden PC zusammenstellt, kann bei Intel Alder Lake/Raptor Lake zu einer DDR4-Variante greifen und hat kaum Nachteile in Alltagsanwendungen. Mit steigendem Budget und Performance-Anspruch wird der Griff zu DDR5 hingegen attraktiver.
5. Zukunftsperspektiven und Marktentwicklung
5.1 Preisentwicklung und Massenproduktion
Erfahrungsgemäß sinken die Preise für eine neue RAM-Generation im Laufe von ein bis zwei Jahren deutlich, wenn die Produktion hochfährt und mehr Hersteller in den Markt drängen. Anfangs zahlen Enthusiasten und Profis, die unbedingt das Neueste benötigen, oft höhere Aufschläge. Doch schon nach kurzer Zeit könnte DDR5 in vergleichbare Preisregionen wie DDR4 rücken, zumal DDR4 allmählich ausläuft.
Man kann also erwarten, dass Ende 2023/2024 DDR5-Kits mit 32 GB (2×16 GB) zu deutlich humaneren Preisen erhältlich sein werden, als es beim Launch der Fall war. Außerdem werden dann Taktfrequenzen jenseits von 6000 MT/s im Mainstream ankommen, was die Performance-Lücke zu DDR4 nochmals vergrößern dürfte.
5.2 DDR5 im Server- und Enterprise-Bereich
Auch im Server-Segment (z. B. mit Intel Xeon oder AMD EPYC) gewinnt DDR5 an Bedeutung. Dort geht es um HPC (High Performance Computing), Virtualisierung oder Datenbankanwendungen, wo die parallele Datenverarbeitung stark von Bandbreite und Latenz profitieren kann. Unternehmen werden daher sukzessive auf Plattformen umsteigen, die DDR5 unterstützen, sobald sich Preis und Verfügbarkeit stabilisieren.
5.3 Langfristige Roadmap – DDR6 und alternative Technologien
JEDEC als Standardisierungsgremium arbeitet permanent an neuen Spezifikationen. Man kann sicher sein, dass nach DDR5 noch DDR6 und weitere Generationen folgen werden. Allerdings könnte die Zeitspanne wieder mehrere Jahre betragen – erfahrungsgemäß 5–6 Jahre, wie schon bei DDR4. Parallel existieren Low-Power-Varianten (LPDDR5(X)) für Mobile Devices und so weiter.
Ein interessanter Aspekt ist, inwieweit sich in Zukunft andere Speicherarchitekturen wie HBM (High Bandwidth Memory) oder „Storage-Class Memory“ (z. B. Intel Optane) durchsetzen. Aktuell konzentriert sich die Hauptmasse des PC- und Servermarktes jedoch auf DDR-SDRAM.
6. Zusammengefasst
Der Unterschied zwischen DDR4 und DDR5 liegt auf mehreren Ebenen: höhere Taktfrequenzen, mehr Bandbreite, neue Subchannel-Struktur, On-Module Power Management, potenziell größere Modulkapazitäten und leicht veränderte Spannung. All das führt zu einer Steigerung der theoretischen und praktischen Performance, vor allem in hochgradig parallelisierten, speicherintensiven Anwendungen.
Ob sich der Umstieg aktuell lohnt, hängt maßgeblich davon ab, ob man ohnehin eine neue Plattform kauft und wie hoch der eigene Leistungsbedarf ist:
- Alltag und Office: Wer DDR4 mit ~3200 MT/s einsetzt, wird bei normalen Anwendungsfällen keinen bahnbrechenden Zugewinn durch DDR5 spüren.
- Gaming: Je nach Spiel und Auflösung kann DDR5 ein paar Prozent mehr FPS liefern. Bei High-End-Systemen mit leistungsstarkem Prozessor und Grafikkarte, die auf minimale CPU-Bottlenecks ausgelegt sind, summiert sich das.
- Professionelle Workloads: Videoediting, 3D-Rendering, Audio-Produktionsumgebungen, CAD, wissenschaftliche Simulationen und KI-Modelle profitieren stärker von dem Bandbreitenplus und den parallelen Zugriffsmöglichkeiten.
- Zukunftssicherheit: DDR5 ist der nächste RAM-Standard. Wer jetzt investiert und eine Plattform wie AMD AM5 oder Intel Z690/Z790 (DDR5-Variante) kauft, besitzt langfristige Upgrade-Pfade. DDR4-Systeme hingegen könnten in einigen Jahren spürbar an Wert verlieren, weil künftige CPUs wahrscheinlich nur noch DDR5 unterstützen.
Insgesamt ist DDR5 keineswegs reines Marketing; es ist eine sinnvolle Weiterentwicklung. Doch wie bei jedem Technologiewechsel sind die Vorteile anfangs von höheren Preisen und Kinderkrankheiten begleitet. Wer vorrangig ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sucht, kann bis heute mit DDR4 glücklich werden, insbesondere in Mainstream-Szenarien. Wer hingegen das Maximum an Performance oder Langlebigkeit beim Plattformkauf anstrebt, findet in DDR5 eine zukunftsorientierte, leistungsfähige Option. Damit wird DDR4 zwar nicht abrupt abgelöst, aber die Weichen sind eindeutig auf DDR5 als langfristigen Nachfolger gestellt.
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